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Oberlandesgericht Frankfurt: Umfangreiche Prüf- und Kontrollpflichten für Amazon bei Hinweis auf Wettbewerbsverstöße von Marketplace-Verkäufern

Oberlandesgericht Frankfurt: Umfangreiche Prüf- und Kontrollpflichten für Amazon bei Hinweis auf Wettbewerbsverstöße von Marketplace-Verkäufern

Oberlandesgericht Frankfurt: Umfangreiche Prüf- und Kontrollpflichten für Amazon bei Hinweis auf Wettbewerbsverstöße von Marketplace-Verkäufern 150 150 Heinrich Partner

In einem im Januar veröffentlichten Urteil hat das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) nochmals betont, dass Online-Marktplatzbetreiber wie Amazon umfangreiche Prüfpflichten treffen. Wird ein Betreiber eine Online-Marktplatzes auf einen Wettbewerbsverstoß eines Marketplace-Verkäufers hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebote, sondern auch kerngleiche Verstöße unterbinden. Geschieht dies nicht, haftet die Plattform selbst auf Unterlassung.

 

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Klägerin Amazon auf Wettbewerbsverletzungen durch Verkaufsangebote Dritter auf seiner Plattform hingewiesen. Unterschiedliche Marketplace-Verkäufer hatten unzulässigerweise für ihre veganen Produkte die Beschreibung “Sojamilch”, “Hafermilch” und “Reismilch” benutzt. Nach Kenntnis sperrte Amazon die jeweiligen Verkaufsangebote. Gleichwohl waren andere Angebote nach wie vor online, die für vegane Waren die Bezeichnung “Milch” weiterhin benutzen.

 

Daraufhin nahm die Klägerin Amazon auf Unterlassung in Anspruch. Dies nach der zutreffenden Auffassung des OLG Frankfurt zu Recht. Wörtlich führt das OLG Frankfurt aus: “Die Beklagte hat ihre wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verletzt, indem sie trotz vorhergehenden Hinweises des Klägers auf Verstöße von Drittbewerbern gegen die europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse auf der von ihr betriebenen Plattform nicht effektiv dafür gesorgt hat, dass gleichartige Verstöße beseitigt und effektiv verhindert werden.” Amazon hafte zwar nicht als Täter, da es nicht aktiv an den Rechtsverstößen beteiligt gewesen sei. Jedoch sei es aufgrund der Verletzung von Sorgfaltspflichten verantwortlich. Hierzu führt das OLG Frankfurt aus: “Allerdings hat die Beklagte ihrer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht als sog. Host-Provider nicht im vollen Umfang genügt. Daher ist sie selbst dann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Die vorgerichtlichen Hinweise des Klägers haben für die Beklagte eine wettbewerbsrechtlichen Prüfungs- und Beseitigungspflicht ausgelöst, die über die von ihr getroffenen Maßnahmen hinausgegangen ist. Wer durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die Gefahr schafft, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, trifft wettbewerbsrechtlich die Pflicht, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen.”

 

Eine derartige umfassende Prüfungspflicht ist nach Auffassung des OLG Frankfurt auch angemessen und zumutbar: “Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das ausgesprochene Verbot auch nicht zu weitgehend. Insofern begehrt der Kläger vorliegend nur das Verbot wortgleicher Rechtsverletzungen. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch nicht nur eine Pflicht, künftige Rechtsverstöße durch einen sogenannten Upload-Filter zu verhindern. Eine Unterlassungsverpflichtung kann sich auch darauf erstrecken, bereits bestehende, fortgesetzte und damit in die Zukunft reichende Rechtsverletzungen zu beseitigen.

 

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das OLG Frankfurt hat die Revision zum BGH zugelassen.

 

Fazit:

 

Das Urteil ist aus unserer Sicht uneingeschränkt zutreffend. Für den von Wettbewerbsverletzungen Betroffenen bringt es außerdem den Vorteil, nicht weiter jede einzelne gleichgelagerte Rechtsverletzung nachverfolgen zu müssen.

 

Dr. Michael Heinrich